Bildschirmaufnahme vom Artikel auf nordkurier.de
Im Netz findet man einen amüsanten Artikel darüber, dass der sogenannte "Kommunale Ordnungsdienst" in Teterow, einem Stadtteil von Rostock, zukünftig mit Reizstoffsprühgeräten ausgestattet werden soll.
Offenbar bedarf der KOD eines Schutz- und Hilfsmittels bei - so benennt es der Artikel - Auseinandersetzungen. Um sich Rat zu den bestehenden Optionen einzuholen, kontaktierte man offenbar die Waffenbehörde Landkreis Rostock und das Mecklenburg-Vorpommersche Innenministerium:
"Das Ergebnis: Die Ordnungshüter müssen lediglich einen Kleinen Waffenschein haben, dann dürfen sie auch Reizstoffsprühgeräte mit sich führen."
Oh-je. Ein Blick ins Waffengesetz zeigt, dass wohl in Mecklenburg-Vorpommern auch die mit waffenrechtlichen Aufgaben betrauten Behörden mit den zugrundeliegenden Vorschriften überfordert sind (was auch kein Grund zum Vorwurf ist).
Wie auch der Waffenschein (ohne Größenangabe) ist auch der sogenannte Kleine Waffenschein eine Erlaubnis nach § 10 WaffG - in diesem Fall berechtigt er allerdings nur zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen (SRS-Waffen):
"Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen sind in der Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 3 Nr. 2 und 2.1 genannt (Kleiner Waffenschein)." (§ 10 Abs. 4 S. 4 WaffG)
Der Verweis auf die Anlage 2 zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG (auch Waffenliste genannt) ist dabei entscheidend. Nr. 2 und 2.1 lauten respektive:
"2. Führen ohne Sachkunde-, Bedürfnis- und Haftpflichtversicherungsnachweis (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 bis 5) - Kleiner Waffenschein
2.1 Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen nach Unterabschnitt 2 Nr. 1.3."
Tierabwehrspray, das nicht für den Einsatz gegen Menschen bestimmt und daher keine Waffe nach dem Waffengesetz ist
Das bekannte Zulassungszeichen "PTB-im-Kreis", das auf SRS-Waffen mit Bauartzulassung nach § 8 BeschG zu finden ist
Der erste Teil ist soweit klar, das Führen von SRS-Waffen mit dem Kleinen Waffenschein erfordert keine besondere Sachkunde, kein Bedürfnis und keine Haftpflichtversicherung - ganz im Gegensatz zum regulären Waffenschein.
Dann werden wir auf Unterabschnitt 2 Nr. 1.3 verwiesen. Wir befinden uns weiterhin in Abschnitt 2. Dort können wir dann endlich nachlesen, zum Führen welcher SRS-Waffen der Kleine Waffenschein tatsächlich berechtigt. Und zwar nur solche...
"die der zugelassenen Bauart nach § 8 des Beschussgesetzes entsprechen und das Zulassungszeichen nach Anlage 1 Abbildung 2 zur Ersten Verordnung zum Waffengesetz vom 24. Mai 1976 (BGBl. I S. 1285) in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes geltenden Fassung oder ein durch Rechtsverordnung nach § 25 Nummer 1 bestimmtes Zeichen tragen (...)"
Genau genommen gibt es noch eine weitere Bedingung, die theoretisch auch von SRS-Waffen aus dem EU-Ausland erfüllt werden könnte, das ist jedoch ein gänzlich anderes Fass, das ich an dieser Stelle nicht aufmachen will.
Relevant ist, dass wir nun mit § 8 BeschG fast am Ende der Verweiskette angelangt sind. Hier liegt der Hase im Pfeffer:
"Schusswaffen mit einem Patronen- oder Kartuschenlager bis 12,5 Millimeter Durchmesser und tragbare Geräte nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 ohne Patronen- oder Kartuschenlager"
Weder das eine (schon per Definition ist ein Reizstoffsprühgerät keine Schusswaffe) noch das andere trifft auf unsere Sprühgeräte zu. Ein Reizstoffsprühgerät kann daher gar nicht das Zulassungszeichen nach Anlage 1 Abbildung 2 zur Ersten Verordnung zum Waffengesetz vom 24. Mai 1976 ("PTB-im-Kreis") tragen. Folglich ist der Kleine Waffenschein auch keine Berechtigung zum Führen von Reizstoffsprühgeräten. Tatsächlich tragen im Handel erhältliche Reizstoffsprühgeräte, die vom Waffengesetz erfasst sind, da sie zum Einsatz gegen Menschen bestimmt sind, ein eigenes Zulassungszeichen, wie es in Anlage 2 Abb. 12 BeschussV zu finden ist: das "PTB-R-im-Trapez".
Ein Kleiner Waffenschein ist hier auch gar nicht notwendig, da entsprechend geprüfte Reizstoffsprühgeräte erlaubnisfrei erworben werden können - sogar von Minderjährigen ab 14 Jahren (§ 3 Abs. 2 WaffG). Da sie - anders als beispielsweise Hieb- und Stoßwaffen - auch nicht vom Führverbot nach § 42a WaffG betroffen sind, kann man Reizstoffsprühgeräte mit "PTB-R-im-Trapez" auch in der Öffentlichkeit mit sich führen, solange man sich nicht auf öffentlichen Veranstaltungen i.S.d. § 42 WaffG, etwa Volksfesten oder Messen, bewegt.
Disclaimer: Dies ist keine Rechtsberatung.