Vor kurzem habe ich mich mit dem Thema Waffenverbotszonen - oder vielmehr den Verordnungen und Verfügungen, die ihnen zugrunde liegen - beschäftigen dürfen.
54 Verbotszonen in 28 Städten wurden dabei zutage gefördert. Ein Blick in die Bestimmungen offenbart dabei, welche Probleme die zuständigen Behördenmitarbeiter bei der Arbeit mit dem Waffengesetz haben.
Hinweisschild der Waffenverbotszone in Düsseldorf
FAQ zur Waffenverbotszone auf der Webseite der Stadt Heidelberg
Das Gegenteil von gut ist gut gemeint und so beginnen bei vielen Kommunen mit Waffenverbotszonen die Probleme schon in der Erklärung, die dem Bürger das Konzept einer solchen eigentlichen verständlich näher bringen soll.
So zum Beispiel in Heidelberg, wo seit dem 25. Juli 2024 die Waffenverbotszone Kurfürsten-Anlage/Belfortstraße existiert.
Im zugehörigen FAQ findet sich unter der Fragestellung "Welche Waffen sind verboten?" die Antwort "Alle Waffen, die bereits durch das Waffengesetz verboten sind (...)".
Wer mit dem § 40 WaffG vertraut ist, zuckt vielleicht schon bei dieser Verwendung des Begriffs "Verbotene Waffe" zusammen.
Ein Blick in die Verordnung zeigt, dass das Verbot gänzlich anders gelagert ist.
Dort heißt es in § 1 Abs. 1:
"Innerhalb der (...) Teilbereiche der Kurfürsten-Anlage und Belfortstraße der Stadt Heidelberg (Waffen- und Messerverbotszone) ist das Führen von 1. Waffen und 2. Messern mit feststehender oder feststellbarer Klinge mit einer Klingenlänge über vier Zentimeter, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind (...) verboten."
Was genau ist nun mit Waffen gemeint? § 2 Abs. 2 schafft Abhilfe:
"Waffen im Sinne des § 1 Absatz 1 sind alle Waffen gemäß § 1 Absatz 2 WaffG."
Das liest sich doch deutlich anders, als die ursprünglich im FAQ verwendete Formulierung. Gemeint haben die Verfasser dieses vermutlich Waffen, die einem Führverbot unterliegen oder der Erlaubnis zum Führen bedürfen. Mit verbotenen Waffen bzw. dem, was das Waffengesetz darunter versteht, hat das jedenfalls nichts zu tun.
Verordnung der Heidelberger Waffen- und Messerverbotszone
Doch die Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 2 geht noch weiter:
"Waffen im Sinne des § 1 Absatz 1 sind alle Waffen gemäß § 1 Absatz 2 WaffG. Dies sind insbesondere:
jede Art von Schusswaffen und Schreckschusswaffen,
Anscheinswaffen
Hieb-, Stoß und Stichwaffen sowie
Elektroimpulsgeräte (sog. Elektroschocker) mit Zulassungs- oder Prüfzeichen."
Hier wird es abenteuerlich. § 1 Abs. 2 WaffG soll also insbesondere Anscheinswaffen betreffen? Ein Blick in Anlage 1 des Waffengesetzes gibt Aufschluss darüber, welche Gegenstände unter diesen Begriff fallen:
"Anscheinswaffen sind
1.6.1 Schusswaffen, die ihrer äußeren Form nach im Gesamterscheinungsbild den Anschein von Feuerwaffen (Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 2.1) hervorrufen und bei denen zum Antrieb der Geschosse keine heißen Gase verwendet werden
1.6.2 Nachbildungen von Schusswaffen mit dem Aussehen von Schusswaffen nach Nummer 1.6.1 oder
1.6.3 unbrauchbar gemachte Schusswaffen mit dem Aussehen von Schusswaffen nach Nummer 1.6.1."
Bei 1.6.2 und 1.6.3 handelt es sich weder um Schusswaffen oder ihnen gleichgestellte Gegenstände (Anlage 1. 1.2 Gleichgestellte Gegenstände), noch sind diese Dekorationswaffen dazu bestimmt oder geeignet, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen. Sie können folglich auch keine Waffen im Sinne des § 1 Abs. 2 WaffG sein.
Übrigens: Auch den Begriff "Stichwaffen" kennt das Waffengesetz nicht. Er wäre auch redundant, da alle davon betroffenen Gegenstände bereits unter die Definition von Hieb- und Stoßwaffen nach Anlage 1 1.1 WaffG fallen: "Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft durch Hieb, Stoß, Stich, Schlag oder Wurf Verletzungen beizubringen (...)"
Doch die Stadtverwaltung Heidelberg ist hiermit nicht allein. Auch in Köln, Mannheim, Frankfurt und Stuttgart wird fälschlicherweise von verbotenen Waffen gesprochen oder Gegenstände genannt, die nicht der Definition gemäß § 1 Abs. 2 WaffG entsprechen - ungeachtet dessen aber natürlich ohnehin einem Führverbot nach § 42 a WaffG unterliegen.
Wenn es also praktisch gar keinen Unterschied macht, warum dann die Wortklauberei? Nun, in einem rechtlichen Kontext sind Definitionen und die korrekte Anwendung von Begrifflichkeiten durchaus wichtig. Leider bleibt es aber beim nächsten Beispiel nicht bei solcher begrifflichen Unschärfe.
Die Verordnungen aus Niedersachsen widersprechen sich selbst.
In Niedersachsen hat man sich unterdessen einen deutlich unangenehmeren Fehler erlaubt - und diesen zudem noch untereinander abgeschrieben, wenn es an das Aufsetzen der eigenen Verordnungen ging.
In der Verordnungen der Städte Wolfsburg, Hannover und Osnabrück findet sich nämlich Folgendes:
Die Verordnungen verbieten im Geltungsbereich jeweils das Führen von Messern mit einer feststehenden oder feststellbaren Klinge mit einer Klingenlänge von mehr als vier Zentimetern und das Führen sogenannter "gefährlicher Gegenstände" (§ 1 - Verbot).
Aber: Die Definition dessen, was "gefährliche Gegenstände" sind (§ 2 - Begriffsbestimmung) umfasst unter anderem "Messer jeglicher Art (...)."
Wer in diese Verbotszonen gutgläubig ein Mini-Messer mitnimmt, kann bei einer Kontrolle schnell in Schwierigkeiten geraten. Chaos ist hier vorprogrammiert - zumal in FAQs teilweise sogar noch explizit auf die ungültige 4cm-Regel hingewiesen wird!